Neue Therapien für erbliche Muskelerkrankungen
Neue Bessel-Preisträgerin Dr. Ana Ferreiro Sieiro forscht in Erlangen
Kongenitale Myopathien sind eine Gruppe genetisch bedingter Muskelerkrankungen, die sich bereits in der Kindheit manifestieren. Sie führen zu Muskelschwäche und Muskelschwund sowie häufig zu Herz- oder Atemversagen. Bis heute gibt es keine spezifische Behandlung für diese Krankheiten, die die Patienten stark einschränken und oft tödlich verlaufen. Dr. Ana Ferreiro Sieiro, eine international anerkannte Expertin auf diesem Gebiet, erhält den Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis 2021 der Alexander von Humboldt-Stiftung. Dank der mit 45.000 Euro dotierten Auszeichnung kann sie einen längeren Forschungsaufenthalt am Neuropathologischen Institut (Direktor: Prof. Dr. Ingmar Blümcke) des Universitätsklinikums Erlangen verbringen.
Die Arbeit von Dr. Ana Ferreiro Sieiro spielte in den vergangenen 20 Jahren eine zentrale Rolle bei der Identifizierung mehrerer Gendefekte, die kongenitale Myopathien verursachen. So hat ihre klinische und genetische Forschung bereits dazu beigetragen, die Diagnostik bei erkrankten Kindern zu verbessern und bestimmte Folgeerkrankungen zu verhindern. Auch eine krankheitsspezifische Beratung der betroffenen Familien ist nun möglich. Dr. Ferreiro forscht aktuell zur Entwicklung und zu den Mechanismen, die von einem bestimmten Gendefekt zu einer fortschreitenden Schädigung der Skelettmuskulatur führen. Dieses Wissen bildet die Grundlage für neue therapeutische Ansätze. Ihre Arbeit hat bereits zur Identifizierung der ersten Medikamente geführt, die im Zell- und Tiermodell bei angeborenen Myopathien wirksam sind. Daran schließen sich nun die ersten therapeutischen Studien an.
Paris und Erlangen bündeln ihre Kräfte in der Myopathie-Forschung
Im Jahr 2019 begannen die Gruppen von Dr. Ferreiro in Paris und Prof. Dr. Rolf Schröder in der Neuropathologie des Uni-Klinikums Erlangen eine wissenschaftliche Zusammenarbeit zur Untersuchung der Pathophysiologie seltener Muskelerkrankungen. Erste Ergebnisse ihrer gemeinsamen Forschung konnten sie bereits in der international renommierten Fachzeitschrift Circulation publizieren. Die Verleihung des Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreises ermöglicht ihnen nun eine weitere Intensivierung ihrer gemeinsamen Forschungsarbeit. In einer Reihe von Projekten werden sie neue pharmakologische Therapieansätze in Tier- und Zellmodellen für seltene menschliche Myopathien in ihrer Wirksamkeit testen.
Dr. Ferreiro ist Fachärztin für Neurologie am Institut für Myologie des Hôpital Pitié-Salpêtrière in Paris, einem international anerkannten Zentrum für Kinder und Erwachsene mit seltenen neuromuskulären Erkrankungen. Darüber hinaus ist sie Forschungsdirektorin am Inserm, dem französischen nationalen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung, und Leiterin des Labors „Grundlegende und translationale Myologie“ an der Université de Paris. Seit 2019 steht sie außerdem dem European Neuromuscular Centre in Baarn, Niederlande, als Forschungsdirektorin vor.
Der Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis
Die Alexander von Humboldt-Stiftung verleiht jährlich etwa 20 Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreise an international renommierte Wissenschaftler, von denen erwartet wird, dass sie auch zukünftig ihr Fachgebiet durch herausragende Forschungsleistungen prägen werden. Der Preis ist mit 45.000 Euro dotiert und ermöglicht die Durchführung selbst gewählter Forschungsvorhaben in Deutschland in Kooperation mit Fachkollegen für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr.
Quelle: uni | mediendienst | aktuell Nr. 143/2020
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Rolf Schröder
Telefon: 09131 85-34782
E-Mail: rolf.schroeder(at)uk-erlangen.de